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Patrick Schnieder sitzt auf einem dunkelroten Sessel, gestikuliert und spricht mit einer Person außerhalb des Bildes.

Quelle: BMV

Über seinen Antrittsbesuch im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages sowie über die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung spricht Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder mit der Deutschen Verkehrs-Zeitung (DVZ).

Sie waren das erste Mal in ihrer Funktion als Bundesverkehrsminister im Verkehrsausschuss. Was haben Sie besprochen?

Die Perspektive zu wechseln, ist mal etwas Neues. Es war gut, dass wir Gelegenheit hatten, etwas ausführlicher über die Pläne der Regierung zu sprechen. Bei den meisten Fragen ging es darum, was wir nun anpacken wollen. Es war ein konstruktiver Austausch, auf den wir aufbauen können.

Das Kernnetz der Schiene, Digitalisierung und Brücken werden Priorität haben. Was fassen Sie als Erstes an?

Das muss alles parallel laufen, weil wir bei allen Verkehrsträgern Nachholbedarf haben. Die Schiene ist in den nächsten Jahren gut finanziert. Daran sollte es nicht scheitern. Jetzt müssen wir die Maßnahmen umsetzen. Das Gleiche gilt für die Brücken. Für die Modernisierung haben wir in den nächsten fünf Jahren 12,5 Milliarden Euro. Das ist ausreichend. Wir müssen aber auch Gas geben. Es genügt nicht, auszuschreiben, zu planen und zu bauen. Wir müssen auch die Prozesse beschleunigen. Das haben wir uns für das zweite Halbjahr vorgenommen. Die ersten Abstimmungen mit anderen Ressorts laufen, damit wir ein schnelleres Planungsrecht und schnellere Prozesse bekommen.

Die DB will die Generalsanierung über einen längeren Zeitraum als bisher geplant strecken. Gleichzeitig wollen Sie mehr kontrollieren und mehr steuern. Wie können Sie eine bessere Steuerung gewährleisten?

Bei den Hochleistungskorridoren müssen wir uns die Projekte nochmal im Einzelnen anschauen, ob es in der Art und Weise zumutbar ist. Geplant waren bis zu neun Sanierungen im Jahr. Wir stehen zu dem Konzept, auch wenn es Verschiebungen oder Änderungen einzelner Parameter gibt. Derzeit erarbeite die InfraGo mit der Bauindustrie einen neuen Zeitplan, den wir uns dann anschauen. Die Belastungen werden so oder so groß sein. Jede Baustelle ist zunächst mal nichts, worauf sich die Leute freuen. Für sie ist die Perspektive wichtig, dass es danach besser wird.

Die Bahn hat als Zielpunkt für die Generalsanierungen nun 2035 genannt. Ist das die Steuerung, von der Sie da sprechen?

Wir haben der Bahn aufgegeben, dass sie mit Blick auf die Hochleistungskorridore noch einmal einen Branchendialog führt. Das ist sinnvoll. Die Fragen, die sich stellen: Kriegen wir die Mittel wirklich verbaut? Haben wir genügend Anbieter? Auch das war ein Punkt bei der Riedbahn, der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim, und das erlebenwir auch bei anderen Bauvorhaben. Wir müssen uns das anschauen und unsere Schlüsse ziehen. Das betrifft auch die Evaluierung. Ich denke, dass das ein normaler Prozess ist, wie wir Planungen vorantreiben.

Zur Digitalisierung und der Ausrüstung mit dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS: Ist der digitale Knoten Stuttgart als Vorzeigeprojekt für die Digitalisierung gesichert?

Unabhängig von den Haushaltsmitteln, die wir jetzt und in den nächsten Jahren für die Digitalisierung zur Verfügung stellen, hat der Bund Stuttgart 21 schon immer gefordert. Es gibt allerdings einen Zustimmungsvorbehalt des DB-Aufsichtsrats zum Gesamtkonzept. Die Bahn muss jetzt eine Entscheidung treffen, wie man damit umgeht. Wir brauchen für Kapazitätserhöhungen im Netz auch die Digitalisierung. Gerade sie hat eine sehr hohe Wirkung. Das kostet natürlich sehr viel Geld. Aber diesen Weg muss man gehen. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir die Digitalisierung im Sondervermögen nun abbilden können.

Gilt das auch für die Umrüstung des rollenden Materials auf ETCS? Bisher gab es immer auch dafür einen Haushaltstitel, aber Geld wurde nicht zur Verfügung gestellt.

Das gehört zusammen, sonst hat die Ausrüstung der Infrastruktur keinen Effekt. Wie wir es umsetzen, müssen wir uns anschauen. Auch das halte ich für dringend erforderlich.

Wird das Bundesverkehrsministerium bei der Planungsbeschleunigung federführend sein, um neue oder Änderungsgesetze mit Blick auf die Stichtagsregelung oder das Verbandsklagerecht aufzusetzen?

Wir streben bei dem Infrastruktur-Zukunftsgesetz, in das viele dieser Vorhaben einfließen sollen, die Federführung an. Hierfür haben wir bereits angefangen, Eckpunkte zu erarbeiten, da uns klar ist, dass es schnell gehen muss.

Die Kommission Straßengüterverkehr wird weiterarbeiten. Was ist Ihnen in dem Dialog besonders wichtig?

Das Gremium war sehr erfolgreich. Das wollen wir fortsetzen. Es gibt eine Fülle von Themen, weil die Branche unterschiedliche Bedürfnisse hat. Auf der Transportlogistik in München war eine aufgeräumte, gute Stimmung zu spüren. Aber es gibt natürlich Forderungen im Bereich Kraftfahrer, Qualifikation oder Bürokratie. Mir ist wichtig, dass die Branche sagt, wo der Schuh drückt und welche Lösungen sie sieht. Das gilt für alle Verkehrsträger.

Die Stromsteuersenkung soll erst einmal nur für das produzierende Gewerbe gelten. Die Logistikscheint ausgenommen. Sie hat allerdings einen hohen Strombedarf, unter anderem wegen der Transformation ihrer Flotten hin zu E-Lkw. Muss man da nachbessern?

Darüber wird im parlamentarischen Verfahren im Einzelnen sicher nochmal geredet. Denn für die Zukunftist das natürlich ein wichtiges Thema, gerade für die Logistik und den Verkehr.

Wie kann die Dekarbonisierung im Straßengüterverkehr beschleunigt werden?

Wir haben marktfähige E-Fahrzeuge – inwiefern diese wettbewerbsfähig sind, ist ein anderes Thema. Wir müssen aber dringend die entsprechende Ladeinfrastruktur aufbauen. Die ersten Schritte sind gemacht, wir müssen aber noch deutlich weiter gehen. Für die Infrastruktur haben wir einen Ausbauplan, den wir umsetzen wollen.

Die See- und Binnenhäfen bekommen kein Geld aus dem Sondervermögen. Das Bundesfinanzministerium steht auf dem Standpunkt, dass die Länder die Finanzierung über ihrenAnteil in Höhe von 100 Milliarden Euro übernehmen sollen. Ist das richtig?

Die Häfen haben eine besondere Bedeutung für den Standort Deutschland, für die Wirtschaft und die Logistik. Das steht überhaupt nicht infrage. Der Bund hat eine nationale Hafenstrategie entworfen, die er realisieren möchte. Zu deren Umsetzung, zur Finanzierung oder Förderung der Häfen kann ich nichts sagen. Aber wir sehen insgesamt das Erfordernis, die Häfen zu stärken.

Das Interview führte Susanne Landwehr.

Quelle: dvz.de