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Verkehrsminister Patrick Schnieder

Quelle: BMV

Im Interview mit der Bild am Sonntag betont Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder den dringenden Handlungsbedarf bei der Deutschen Bahn und der Verkehrsinfrastruktur. Das Ziel ist klar: eine zuverlässigere, leistungsfähigere Bahn und eine bessere Mobilität in Deutschland.

Herr Minister, Sie sitzen seit 2009 im Bundestag. Haben Sie mal ausgerechnet, wie viele Verspätungsstunden durch die Pendelei – vom Wahlkreis in Rheinland-Pfalz nach Berlin und zurück – zusammengekommen sind?

Nein, das kann ich nicht in Zahlen messen. Aber man spürt das natürlich – übrigens bei verschiedenen Verkehrsträgern – dass man immer wieder die Zeitplanung etwas umstellen muss.

Fahren Sie persönlich noch gerne Bahn? Die aktuellen Pünktlichkeitszahlen lagen am Donnerstag bei nur 58 Prozent. Ist das jetzt die Benchmark?

Nein, das ist nicht die Benchmark. Auch die Zahlen, die wir davor hatten, stellen nicht zufrieden. Wir brauchen deutlich bessere Pünktlichkeitswerte. Wir brauchen mehr Zuverlässigkeit bei der Bahn in vielerlei Hinsicht. Pünktlichkeit ist ein Punkt, Sauberkeit, Sicherheit sind andere Punkte. Da müssen wir besser werden.

Im Koalitionsvertrag steht ja, dass das Management der Bahn ausgetauscht werden soll. Warum verspätet sich denn auch der Rauswurf des Bahnchefs?

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir uns insbesondere die Strukturen der Gesellschaften und die Anzahl der Vorstände anschauen. Das ist aber nur ein Teil der gesamten Problematik, über die wir sprechen. Wir wollen zunächst mal klären, was die Bahn in fünf Jahren aus Kundensicht, aus Sicht des Eigentümers, aus Sicht der Politik liefern muss.

Aber sie könnten auch sofort die Notbremse beim Management ziehen ...

Wir haben uns für einen Prozess entschieden, der sorgfältig, der umfassend ist. Und dann werden wir die Maßnahmen, die dann angezeigt sind, auch ergreifen.

Das soll laut Ihren Aussagen bis zum Spätsommer dauern. Ist das jetzt von den Temperaturen abhängig?

Mit Spätsommer meine ich Juli und August. Der Herbst fängt im September an. Aber das ist der Zeithorizont. Das System ist so komplex, die Herausforderung so groß, dass man das nicht mit einem Federstrich erledigen kann. Ich muss schon ein bisschen tiefer einsteigen. Die Zeit möchte ich mir einfach nehmen.

Die Sanierung der 40 wichtigsten Strecken der Bahn soll statt 2030 jetzt erst bis 2035 fertig sein. Man hat den Eindruck, dass die Bahn so ein bisschen wie der Flughafen BER wird: Viel zu spät fertig und viel zu teuer.

Nein, da muss man jetzt fair bleiben. Wir lernen aus der Sanierung des Hochleistungskorridors Riedbahn und schauen, was ist gut gelaufen und wo haben wir Nachbesserungsbedarf. Man muss schauen, ob die Behinderungen zumutbar sind und wie sich das auf das Gesamtsystem auswirkt. Und wenn ich mehrere dieser Sanierungen in einem Jahr mache, muss man doch kritisch die Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Wäre es nicht einfacher, wenn Sie sagen, dass die Bahn nie zu 100 Prozent pünktlich sein wird?

Das Ziel hat noch nie jemand aufgestellt.

Doch. Ihr Vorgänger Volker Wissing hat gesagt, dass man nach der Bahn die Uhr stellen können muss …

Ja, aber das heißt auch nicht, dass ich eine Pünktlichkeitsquote von 100 Prozent erreiche …

Aber unsere Uhren gehen sehr genau.

Ich wäre sehr froh, wenn wir eine Pünktlichkeitsquote jenseits der 80 oder 90 Prozent erreichen. Sie haben immer Ereignisse im Netz, mit denen Sie gar nicht rechnen können. Nein, wir können mit den Zahlen, die jetzt da sind, nicht zufrieden sein. 60, 65 Prozent sind indiskutabel. Das muss besser werden. Und das müssen wir deutlich steigern.

Könnte man eine Pkw-Maut einführen, um die notwendigen Infrastruktur-Maßnahmen zu finanzieren?

Nun, das Thema Pkw-Maut ist ja in Deutschland immer noch sehr stark belastet. Wir können durch das Sondervermögen, durch die hohen Geldbeträge, die wir im Haushalt zur Verfügung haben, stark investieren.

Es wird also keine Pkw-Maut in Deutschland mehr geben?

Das würde ich nicht für alle Zukunft ausschließen, aber das ist aktuell kein Thema.

Das Interview führten Christin Martens und Burkhard Uhlenbroich.

Quelle: bild.de